Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in Bethel
Während des zweiten Weltkriegs haben auch die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel und die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Kriegsgefangene in ihren Einrichtungen eingesetzt. Sie arbeiteten in Bethel hauptsächlich in der anstaltseigenen Landwirtschaft, an zweiter Stelle rangieren die Handwerksbetriebe, an dritter die Hauswirtschaft. Ein vierter Einsatzbereich ist der Pflegedienst. Diese Reihenfolge ist auch eine quantitative: Insgesamt gab es etwa 180 bis 200 Einsatzstellen für Kriegsgefangene und etwa 150 bis 180 für zivile Zwangsarbeiter. Zeitweise bildeten Zwangsverpflichtete bis zu zehn Prozent der Mitarbeiterschaft Bethels.
Dass solche Ausnutzung von menschlicher Arbeitskraft im Zusammenhang eines rassistischen Raubkrieges Unrecht sein könnte, wurde nicht gesehen. Extremformen wie der Einsatz von Häftlingen aus Konzentrationslagern oder von jüdischen Gefangenen, oft verbunden mit der Vernichtung durch Arbeit, gab es in den Einrichtungen Bethels nicht. Aber die von den Behörden vorgeschriebene unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Nationalitäten nach rassistischen Kriterien wurde auch in den christlichen Anstalten praktiziert.
Nach den heute vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass gleichzeitig über 300 Menschen gegen ihren Willen in Bethel eingesetzt wurden. Insgesamt dürften über 1 000 Menschen zwischen 1939 und 1945 von Zwangsarbeit in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel betroffen gewesen sein. Der größte Anteil kam aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten in Russland und der Ukraine, hinzu kamen Menschen aus Polen, Holland, Frankreich, Kroatien und der Slowakei. Diese Tatsache war für die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel Anlass, stellvertretend 70 ehemalige Zwangsarbeiter in Weißrussland finanziell unmittelbar zu unterstützen. Direkt in Bethel zwangsverpflichtete und heute noch lebende Menschen konnten bisher nicht ausfindig gemacht werden. Ein Granitblock vor dem Dankort in der Ortschaft Bethel erinnert an die Menschen, die in Bethel während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Zwangsarbeit leisten mussten.
Als erste diakonische Einrichtung in Deutschland legte Bethel diese Geschichte mit all ihren Facetten in einem wissenschaftlich erarbeiteten Aufsatzband dar. Das Buch Zwangsverpflichtet, herausgegeben von Professor Dr. Matthias Benad und Regina Mentner, dokumentiert den Einsatz in den einzelnen Einrichtungen.