Menschennah | Geschichten aus Bethel

Schreiben ist für sie Befreiung

Klara ist 20 und eine Hexe. „Eine gute Hexe“, präzisiert Christine Jeep, als sie über die titelgebende Hauptfigur ihrer Geschichte spricht. Klaras Leben könnte so schön sein, wäre da nicht ihre niederträchtige Tante Walpurga. Über das schwierige und sogar gefährliche Verhältnis der Frauen schreibt Christine Jeep immer wieder. Für die 55-Jährige, die in einem Wohnangebot von Bethel für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bielefeld lebt, ist Schreiben Therapie.

Als Christine Jeep vor gut zehn Jahren ihre ersten Geschichten zu Papier brachte, spürte sie, wie gut es ihr tut. Sie lebte damals im Haus Leontes in Bethel und schrieb drauflos. In einer Kultur- und Theaterwerkstatt erhielt sie nicht nur wertvolle Tipps, sondern auch Bestätigung für das, was sie ablieferte. „Da ist mir bewusst geworden, dass ich das kann“, erzählt Christine Jeep. Ein Meilenstein für sie.

Inzwischen hat die Bielefelderin mehrere Fantasiegeschichten wie „Klara“ geschrieben, genauso einige Krimis. „Wenn ich schreibe, fühlt sich das gut an“, sagt sie, „und wenn ich etwas fertiggeschrieben habe, ist das befreiend. Ich habe dann das Gefühl, dass ich Vergangenes verarbeiten, mit Negativem besser abschließen konnte und mich weiterentwickle.“ „Klara“ enthält, wie Christine Jeep verrät, autobiografische Teile. „Aber der Titel und der Name der Figur gehen auf meine Großmutter mütterlicherseits zurück. Ihr ist die Geschichte gewidmet.“

»Wenn ich etwas fertiggeschrieben habe, ist das befreiend.«
Christine Jeep

Als Mädchen war Christine Jeep „eine Leseratte“, wie sie erzählt. In Büchern findet sie Inspiration für ihre Texte, genauso in der Musik und in Filmen. Leicht falle ihr das Schreiben aber nicht immer, und was am Ende herauskomme wisse sie zu Beginn nie, sagt Christine Jeep: „Das ist wie eine Geburt.“ Sie benutzt Stift und Papier, seit ihr Laptop vor zwei Jahren den Geist aufgab.

Anke Arendt erfährt oft als erste von neuen Geschichten. Denn Christine Jeep liest ihrer Bezugsperson im Haus Wittekindstraße gern vor. Die Geschichten hätten es ihr ermöglicht, ein besseres Verständnis von und für Christine Jeep zu entwickeln, sagt Anke Arendt: „Ich habe das Gefühl, ich sehe ihr nicht nur vor die Stirn, sondern dahinter. Es ist, als würde sie mit dem Schreiben ein Fenster zu sich öffnen.“ Als erfreulich und spannend empfindet sie auch die Veränderung bei Christine Jeep selbst: „Wenn sie schreibt, blüht sie auf. Da kommt eine Facette ihrer Persönlichkeit zum Vorschein, die etwas Leichtes hat.“

Veröffentlicht hat Christine Jeep bislang in einem Stadtteilmagazin. Dort erschien einer ihrer Krimis. Außerdem wurden manche ihrer Werke bei verschiedenen Anlässen verkauft. „Dass Menschen meine Geschichten kaufen, ist für mich unwirklich“, sagt Christine Jeep, „aber ich bin sehr stolz darauf.“

Text: Philipp Kreutzer | Fotos: Christian Weische

Leseprobe aus "Klara"

Es war ein kalter Morgen, sie schwang sich auf ihren Besen und sah sich aber vorsichtig um – „gut, keiner da!“ Es war eine moderne Zeit, doch sie war eine Hexe. Dann sauste sie los, oben ins Dorf zum Krämerladen Müller. Die eisige Luft tat ihr gut, die Bäume und Wipfel waren mit Schnee bedeckt. Klara war warm angezogen, sie war eine Junghexe von 20 Jahren. Sie hatte lange braune lockige Haare und ihre Wangen schimmerten rot – nun, etwas Make-up musste sein. Ihre Strickmütze, selbstgestrickt, wärmte ihren Kopf, es schmerzte sonst bei der Kälte.

Diese Geschichte einfach gesprochen

Christine Jeep lebt im Haus Wittekindstraße von Bethel in Bielefeld. Sie schreibt gern Geschichten. Zum Beispiel Fantasiegeschichten und Krimis. Das macht ihr Freude und tut ihr gut. Das Schreiben hilft ihr, schlechte Dinge hinter sich zu lassen. Ideen für ihre Geschichten findet sie in Büchern. Aber auch in Filmen und in der Musik.

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Wittekindstr. 3a
33615 Bielefeld

0521 144 4610

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