Menschennah | Geschichten aus Bethel

Ein Handwerk mit Erfindergeist

Behinderten Menschen die Arbeit erleichtern

Wenn Stephan Sachse in der Werkstatt steht, zählt jeder Zehntelmillimeter – nur so passen die Einzelteile aus massivem Metall hinterher genau zusammen. Der 46-Jährige arbeitet im Vorrichtungsbau, der zu Bethels Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gehört. Hier werden Hilfsmittel und Werkzeuge hergestellt, die den Menschen im Alltag die Arbeit erleichtern. Dabei kommt moderne Technik zum Einsatz – vom 3D-Drucker bis zur computergesteuerten Fräsmaschine.

Die Hilfsmittel, die im Vorrichtungsbau entstehen, sind genau auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten. Wer eine Spastik im Arm hat, dem hilft vielleicht ein Kniehebel weiter. Wer nicht zählen kann, bekommt ein Zählbrett. Für viele Probleme werden Lösungen gefunden. Einfache und technisch aufwändige. "Ich mag die Abwechslung hier – und es gibt immer etwas zu tun", sagt Stephan Sachse, der selbst eine schwere chronische Erkrankung hat, über seinen Arbeitsalltag. "Für einen Rollstuhlfahrer haben wir vor einiger Zeit eine spezielle Halterung gebaut. Damit kann er nun allein Kunststoffkisten innerhalb der Werkstatt transportieren und ist nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen." Auch ganze Maschinen, die bei der Montage von Bauteilen helfen, werden eigens konstruiert.

Auf dem Ersten Arbeitsmarkt war Stephan Sachse viele Jahre als Mechaniker im Werkzeugbau für die Industrie tätig. Seit bei ihm vor zehn Jahren Multiple Sklerose diagnostiziert wurde, kann er seiner alten Arbeit nicht mehr nachgehen. Unter anderem leidet er unter Fatigue – einer speziellen Form von Müdigkeit, die sich in Abgeschlagenheit und extremer Erschöpfung äußert. "An manchen Tagen geht dann einfach gar nichts", berichtet Stephan  Sachse. "Dann stehe ich morgens auf und fühle mich so, als sei ich seit Wochen pausenlos wach."

In der Betheler Werkstatt für Menschen mit Behinderungen wird genau darauf Rücksicht genommen. "Wenn es mir schlecht geht und ich eine Auszeit brauche, bekomme ich hier die Gelegenheit dazu. Und wenn die Fertigung eines Werkstücks deshalb mal etwas länger dauert, ist das okay. Das würde für mich in der freien Wirtschaft im Moment so nicht funktionieren", sagt er.

»Die Arbeit hier ist für mich eine große Chance. Und ein großes Glück.«
Stephan Sachse

Technisches Schmuckstück des Vorrichtungsbaus ist die moderne Fräsmaschine, die mit Hilfe von Spendengeldern gekauft werden konnte. Mit ihr ist es möglich, auch komplexe Werkstücke aus Metallblöcken herauszuarbeiten. Dank einer Schulung kann Stephan Sachse das Gerät eigenständig programmieren. Die Kenntnisse über die moderne Technik sind wichtig, um den Anschluss für eine Rückkehr auf den Ersten Arbeitsmarkt nicht zu verlieren. "Ich habe schon immer gerne handwerklich gearbeitet – und Metall als Werkstoff liegt mir besonders", sagt er. "Die Arbeit hier ist für mich eine große Chance. Und ein großes Glück."

 

Text: Marten Siegmann | Fotos: Christian Weische

Diese Geschichte einfach gesprochen

Stephan Sachse arbeitet im Vorrichtungsbau. Der gehört zu Bethels Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Hier werden Hilfsmittel und Werkzeuge hergestellt. Sie sollen den Menschen im Alltag die Arbeit erleichtern. Die Hilfsmittel sind genau auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten. Auch Stephan Sachse hat eine Erkrankung.

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Angebote & Leistungen

In den Werkstätten für behinderte Menschen von proWerk können Menschen mit Behinderung oder psychischer Beeinrächtigung am beruflichen Alltag teilhaben. Sie arbeiten hier in dem Bereich, der ihren Fähigkeiten, Wünschen und Interessen entspricht. Innerhalb der Werkstatt reicht das Arbeitsspektrum von einfachen Tätigkeiten bis zu sehr anspruchsvollen Aufgaben, wie die Einrichtung und Bedienung von Maschinen.

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