Menschennah | Geschichten aus Bethel

Viele Schritte zurück ins Leben

Marco Krille hat es geschafft. Er hat das Destruktive in seinem Leben überwunden. Es ist ein Wunder, das viele ermöglicht haben. 32 Jahre alt ist der Mann aus Berlin-Buch. Sein Leben hat ihn an viele Orte gebracht: Frankfurt am Main, Mannheim, Hamburg, Schwerin. Jobs und Ausbildung waren der Grund. Zweimal probierte er es als Koch, zweimal in der Gastronomie als Servicekraft, sogar als Rapper hat er sich versucht. „Viel begonnen, nichts zu Ende gebracht“, wie er selbst von sich erzählt. So ging das lange. Doch das hat sich in den letzten Jahren von Grund auf geändert. Er hat seit Juli 2022 den Abschluss zum Kaufmann für Büromanagement in den Händen. Bald wird er sogar anderen helfen können, als „Genesungsbegleiter“. Noch vor zehn Jahren sah es in Marco Krilles Leben ganz anders aus.

„Menschen mit psychischer Erkrankung brauchen Vertrauen und Akzeptanz. Ich möchte davon berichten, dass jemand wie ich es schaffen kann.“
Marco Krille

Sein Leben geriet ins Wanken

Rückblick: Als Marco Krille 2012 seinen Vater durch einen Suizid verlor, brach eine Welt für ihn zusammen. Auf dem Zettel, den er zum Abschied im Briefkasten mit seiner Halskette fand, stand: „Für Marco, ich liebe Dich! Papa.“ Sein Vater hatte ihn stets bestärkt und unterstützt. Das gab ihm Kraft. „Mein Vater sagte immer: Du schaffst das!“ Doch dann schaffte es sein Vater selbst nicht mehr. Marco Krille verlor die Orientierung, taumelte durch die Tage.

Fünf Jahre lang lebte er immer kurz vor dem Absturz. Er versuchte sich zu schützen – und hatte noch die Kraft, sich Hilfe zu holen. Er fand einen Psychologen, der verstand, was los war: „Sie müssen schleunigst in die Klinik.“ Heute sagt Marco Krille: „Es war das Beste, was mir passieren konnte.“ Sieben Wochen blieb er dort. Viel Zeit, um nachzudenken. „Ich habe verstanden, warum ich so bin, wie ich bin. Seine Mutter trank Alkohol, auch während der Schwangerschaft. Dass ich überhaupt geboren wurde, habe ich meinem Vater zu verdanken.“ Nach dem Klinikaufenthalt wurde Marco Krille durch die GPVA (Gemeindepsychiatrischer Verbund und Arbeitsprojekte) der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal unterstützt. „Nach dem Krankenhausaufenthalt musste ich lernen, mein Leben neu zu organisieren. Es gab so viele Dinge, die zu klären waren.“ Dann überkam ihn nach zwei Jahren eine erneute Krise.

Seelische Leiden dürfen kein Tabuthema mehr sein. Dafür steht die "Grüne Schleife". Sie ist das internationale Symbol für eine Gesellschaft, die offen und tolerant mit psychischen Erkrankungen umgeht. Fast jeder Dritte erkrankt in Deutschland im Zeitraum eines Jahres an einer psychischen Erkrankung. Aus diesem Grund hat das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit die Aktion Grüne Schleife ins Leben gerufen. Jeder, der sie trägt, setzt ein Zeichen für Akzeptanz und gegen Ausgrenzung.

In diese Zeit fiel ein Gespräch mit seinem Bezugsbetreuer Simon Oppel. Marco Krille erinnert sich noch sehr genau an den Tag, an dem es stattfand. „Alles okay bei Ihnen?“, fragte der ihn. „Ja, alles okay. Was soll schon sein?“ Aber nichts war okay. Er stand wieder am Abgrund. „Mein Betreuer spürte, dass etwas nicht in Ordnung war.“ Er hakte nach, ließ nicht locker. Schließlich erzählte Marco Krille, was los ist. Er stand kurz vor dem Suizid.

Dann gab es nicht mehr viel zu reden. Simon Oppel brachte ihn sofort in die Notaufnahme der Klinik. „Alleine hätte ich es diesmal nicht geschafft. Diese Zeit war der tiefste Punkt meines Lebens, der tiefste Punkt nach dem Tod meines Vaters“, blickt Marco Krille zurück. Erneut absolvierte er das volle Programm in der Klinik, und doch war es anders als beim ersten Mal. Er hat noch besser verstanden, dass er es schaffen kann. Marco Krille beendete die Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement mit Hilfe von Mitarbeitenden der GPVA, die ihn stabilisiert und motiviert haben.

In dieser Zeit hörte Marco Krille auch das erste Mal von dem Konzept eines Genesungsbegleiters. In ihm reifte der Wunsch, für andere da zu sein. Deshalb startete er eine Weiterbildung zum Genesungsbegleiter, die er in diesem Jahr abschließen wird. „Menschen mit psychischer Erkrankung brauchen Vertrauen und Akzeptanz“, sagt er. „Ich möchte davon berichten, dass auch jemand wie ich es schaffen kann.“

Text und Fotos: Wolfgang Kern

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Nach dem Tod seines Vaters durchlebte Marco Krille mehrere psychische Krisen. Fachleuten der Stiftung Lobetal halfen dem jungen Mann, gesund zu werden. Sogar eine Berufsausbildung hat er abgeschlossen. Jetzt will er anderen helfen.

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