„Wir schaffen zusätzliche Sicherheit“
Ein Psychiater, der nach der Haftentlassung eines Rechtsbrechers für diesen ein Fahrrad repariert oder mit ihm eine Satellitenschüssel montiert – das klingt ungewöhnlich. „Aber um Vertrauen zu schaffen und eine Behandlungsmotivation aufzubauen, braucht es manchmal eben diese unkonventionellen Wege, die die psychiatrische Haftnachsorgeambulanz in Bethel sehr erfolgreich geht“, betont Daniel Rilli, Sprecher des Netzwerks Soziale Strafrechtspflege.
Daniel Rilli gehörte zu den Rednern bei der Feier zum zehnjährigen Jubiläum der psychiatrischen Haftnachsorgeambulanz (pHNA) in Bielefeld. Das Team der pHNA unterstützt psychisch erkrankte Rechtsbrecher nach ihrer Entlassung aus einer Justizvollzugsanstalt bei ihrem Neustart in ein gesundes und möglichst straftatenfreies Leben. „Wenn für einen Häftling die Entlassung ansteht, ist das Übergangsmanagement ein ganz zentraler Baustein, um das, was in der Haft schon erarbeitet worden ist, nicht einfach durch einen Bruch enden zu lassen, sondern weiterzuführen“, sagte der Präsident des Landgerichts Bielefeld, Klaus Petermann, bei der Veranstaltung im alten Speisesaal der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bethel.
Die Zahl von Gefängnis-Insassen mit psychischen Erkrankungen ist hoch. Etwa 85 Prozent der inhaftierten Männer und Frauen leiden an Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen oder anderen seelischen Erkrankungen. Meist bestehen sogar mehrere Störungen gleichzeitig. 2013 startete daher das Justizministerium NRW ein Nachsorge-Pilotprojekt für Menschen aus Justizvollzugsanstalten – und zwar an drei Standorten. Neben der pHNA in Bielefeld-Bethel gibt es zwei weitere psychiatrische Haftnachsorgeambulanzen in Langenfeld und Paderborn. „Weil das Pilotprojekt erfolgreich war, gibt es Pläne, das Angebot flächendeckend als Regelangebot in NRW auszuweiten“, so pHNA-Leiter Dr. Carl-Ernst von Schönfeld.