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Interview zum Triage-Gesetz

Mark Weigand

"Menschen mit Behinderungen müssen geschützt werden"

Der Bundestag hat am 10. November das so genannte Triage-Gesetz im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Das Gesetz war ein Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, nachdem neun Menschen mit Behinderungen Verfassungsbeschwerde eingereicht hatten. Sie befürchteten, in Zeiten knapper medizinischer Ressourcen bei den Hilfeleistungen im Krankenhaus benachteiligt zu werden, wenn keine Vorgaben existieren. Behindertenverbände, wie der Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB), hatten den Gesetzentwurf im Vorfeld kritisiert. Ihrer Ansicht nach reichen die Regelungen nicht aus, um Menschen mit Behinderung vor Benachteiligung zu schützen. Für den RING sprach Tanja Lenz-Urbach mit Mark Weigand über die Umsetzung des Triage-Gesetzes. Der Geschäftsführer von Bethel.regional ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender des BeB.

Wie kam es zum Triage-Gesetz?

Das Wort Triage kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie „Auswahl“ oder „Sortierung“. Bisher gab es für den Triage-Fall Empfehlungen von medizinischen Fachgesellschaften und keine gesetzlichen Regelungen. In diesen Empfehlungen haben sich die Fachgesellschaften bereits über die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall- und der Intensivmedizin im Kontext der COVID-19-Pandemie geäußert. Auch aufgrund dieser Tatsache haben neun Menschen mit Beeinträchtigungen vor dem Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht.

Was genau hat der Bundestag im Triage-Gesetz geregelt?

Für eine Zuteilungsentscheidung intensivmedizinischer Behandlung soll zukünftig die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Personen maßgeblich sein. Klargestellt wird auch, dass eine mögliche Behinderung, das Alter, die verbleibende mittel- oder langfristige Lebenserwartung, der Grad der Gebrechlichkeit einer Person und die Lebensqualität Kriterien sind, die keinen Einfluss auf die Prognose und Zuteilungsentscheidung haben dürfen.

Laut dem neuen Triage-Gesetz dürfen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes Menschen mit Behinderung auf Intensivstationen nicht benachteiligt werden. Sind Sie zufrieden mit dem neuen Gesetz?

Ich begrüße das Gesetz. Mit diesen Regelungen sind wir einen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Dennoch bleibt eine solch schwierige Situation ein ethisches Dilemma. Eine Diskriminierung wegen einer Behinderung, des Grades der Gebrechlichkeit, des Alters, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung sowie des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung darf es nicht geben. Gleichwohl sehen wir mit den Verbänden die Gefahr, dass Menschen mit Behinderung, ältere Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen zumindest mittelbar aufgrund ihrer häufig schlechteren aktuellen oder kurzfristigen Lebenswahrscheinlichkeit benachteiligt werden.

Das vollständige Interview gibt es in der Februar-Ausgabe von DER RING