Pressemitteilung

Bethel-Chef zur Sterbehilfe-Abstimmung

„Besser sorgfältig abwägen“

Bielefeld-Bethel. Noch vor der Sommerpause will der Bundestag über eine Sterbehilfe-Regelung abstimmen. Das ruft Kritik hervor: Bethels Vorstandsvorsitzender Pastor Ulrich Pohl lehnt Sterbehilfe ab und warnt vor übereiltem Handeln.

Die für eine liberale Regelung der Suizidassistenz eintretenden Gruppen von Bundestagsabgeordneten wollen in der ersten Juli-Woche mit einem gemeinsamen Gesetzesvorschlag in die Abstimmung im Parlament gehen. Am 13. Juni präsentierten die ursprünglich zwei Gruppen um die Parlamentarierinnen Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) in Berlin einen gemeinsamen Entwurf.

Eine abschließende Entscheidung von derartiger Tragweite nach so kurzer Vorbereitungszeit noch vor der Sommerpause in den dichtgedrängten letzten Sitzungswochen anzusetzen, hält Pohl für unpassend. „Statt die Entscheidung jetzt noch schnell im Bundestag durchzupauken, sollten sich die Abgeordneten Zeit nehmen, um sorgfältig abzuwägen“, mahnt er mit Blick auf die Terminierung.

Bethels Vorstandsvorsitzender spricht sich grundsätzlich gegen jedwede Möglichkeit begleiteter Selbsttötung in diakonischen Einrichtungen aus. „Assistierter Suizid darf nicht zu einem Normalfall des Sterbens werden“, betont Pohl: „Dies ist mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar und kommt daher durch Mitarbeitende Bethels nicht infrage – auch wenn Betroffene es wünschen.“

Die Aufgabe der Diakonie in der Begleitung Sterbender sieht der Theologe vielmehr darin, Leiden und Schmerzen zu lindern und Menschen seelsorgerlich und geistlich zu begleiten: „Wenn sterbenskranke Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt in einem Hospiz gut begleitet werden, leben sie nicht selten noch einmal auf und können dann in Ruhe zusammen mit den Angehörigen mit dem eigenen Leben abschließen. Bei einem Suizid dagegen wird das Leben nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen, vieles bleibt ungesagt.“ Bethel bietet deshalb sterbenskranken Menschen derzeit mit sieben Hospizen und weiteren ambulanten Palliativdiensten Unterstützung an. Bis 2024 wird die Zahl auf neun steigen.

Dem Parlament liegen für die in der ersten Juli-Woche geplante Abstimmung nur noch zwei statt drei Vorschläge vor. Der Entwurf der Gruppe um Helling-Plahr und Künast konkurriert dann mit dem Vorschlag der Gruppe um Lars Castellucci (SPD), die organisierte Hilfe bei der Selbsttötung im Strafrecht verbieten, unter Bedingungen aber erlauben will. Dazu zählen eine psychiatrische Begutachtung und eine Beratung. Auch sie betonen in einem zusätzlichen Antrag die Notwendigkeit der Suizidprävention.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 ein pauschales Verbot der organisierten Suizidassistenz gekippt. Es urteilte, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließe das Recht ein, sich das Leben zu nehmen und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Seitdem wird um eine Neuregelung gerungen und damit auch die Frage, ob Regeln zur Suizidassistenz per Strafrecht sanktioniert werden können oder nicht.