
Bethel erprobt Raum-Monitoring-System zur Sturzerkennung
Bielefeld-Bethel.Nachts aus dem Bett steigen und dabei unbemerkt stürzen – ohne Chance, einen Notruf zu drücken: Diese Angst beschäftigt Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf genauso wie ihre Angehörigen und das Betreuungspersonal. Um solche Situationen zu verhindern, erprobt Bethel in den Einrichtungen Haus Siloah, Gihon sowie dem Unterstützten Wohnen Beckhausstraße momentan das KI-gestützte Gesundheits- und Sicherheitsüberwachungssystem Livy Care.
Das Raum-Monitoring-System ist die Testtechnologie des Projekts „Bethel.regional Erprobt Assistive Technologien“ (BEAT). Dieses wird von der Sozialstiftung NRW mit 175.000 Euro gefördert. Das System wurde speziell dafür entwickelt, Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf im Alltag mehr Sicherheit zu bieten und das Betreuungspersonal zu entlasten. „Das System erkennt insbesondere Stürze, akustische Hilferufe und das Verlassen von Bett oder Raum“, erklärt Rolf Wacker aus der Projektleitung von Bethel.regional.
Im Unterstützten Wohnen Beckhausstraße in Bielefeld ist Livy Care bei mittlerweile drei Klientinnen und Klienten an der Zimmerdecke angebracht. „Das System hilft uns bei der Umsetzung individueller Schutzkonzepte, erkennt Lauftendenzen oder ungewöhnliche Bewegungsmuster“, berichtet Einrichtungsleiter Benjamin Oberschild. Fällt jemand aus dem Bett, stürzt beim Aufstehen oder verlässt aufgrund einer fortschreitenden Demenzerkrankung nachts den Raum, bekommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Push-Alarm auf ihr Diensttelefon – und können sofort helfen.
Damit möglichst viele Klientinnen und Klienten von den Vorteilen der Technologie profitieren, leisten Benjamin Oberschild und das BEAT-Projektteam aktuell viel Informations- und auch Überzeugungsarbeit. Denn aufgrund der integrierten Kamera stößt die quadratische Box an der Zimmerdecke bei vielen Personen auch auf Misstrauen. Umso wichtiger sei es, in Gesprächen klarzustellen, dass Bethel.regional mit dem System nicht überwachen, sondern Bedarfe erkennen wolle. Für die Nutzerinnen und Nutzer werden nur Funktionen eingestellt, die sie auch möchten. Eine permanente Videoaufzeichnung gibt es nicht. „Datenschutzrechtlich ist es aktuell für uns das beste System“, bestätigt Rolf Wacker.
Livy Care soll Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf Teilhabe ermöglichen. „Personen, die sturzgefährdet sind, aber aufstehen wollen, die wollen wir nicht einschränken“, erklärt Benjamin Oberschild. Ganz im Sinne der Inklusion sollen die Klientinnen und Klienten so selbstständig wie möglich agieren können. „Teilhabe fängt bei der Gestaltung der eigenen vier Wände an“, sagt der Einrichtungsleiter. Und da kommt die Erweiterung des Systems durch eine Gebäude- und Umfeldsteuerung ins Spiel. Im Frühjahr 2026 soll dazu eine App einsatzbereit sein, mit der Klienten Fenster öffnen, Rollos bedienen oder weitere „smarte“ Geräte wie Lampen im Umfeld steuern können. Neben mehr Autonomie für die Klienten verspricht solch ein System durch die Automatisierung von Routineaufgaben auch eine Entlastung für das Pflegepersonal: „Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bleibt somit mehr Zeit für qualitativ hochwertige Betreuung und das Beziehungsmanagement“, berichtet Benjamin Oberschild. Ein in Zeiten knapper Personalressourcen und steigender bürokratischer Anforderungen nicht unwesentlicher Vorteil.
Bildunterschrift:
- Vor den Augen von Klient Mustafa Karatas installiert Projektleiter Rolf Wacker das Raum-Monitoring-System Livy Care an der Decke seines Zimmers im Unterstützten Wohnen Beckhausstraße.