Pressemitteilung

Landtag diskutiert über Gewalt gegen Gesundheitspersonal

88 Prozent der deutschen Notaufnahmen mit körperlichen Übergriffen konfrontiert

Bielefeld-Bethel. Mit der Anhörung „Respekt gegenüber Gesundheitspersonal“ hat der NRW-Landtag auf die gewalttätigen Auswüchse gegen Rettungs- und Gesundheitspersonal in der Silvesternacht in deutschen Städten wie Berlin oder Essen reagiert. Die NRW-Krankenhausgesellschaft legte der Politik einen Maßnahmenkatalog vor. Auch beim diesjährigen Fachkongress der Notfallmediziner in Bielefeld werden Übergriffe gegen Mitarbeitende in den Notaufnahmen Thema sein. Dr. Hans-Werner Kottkamp, Chefarzt der Zentralen Notaufnahmen im Evangelischen Krankenhaus Bethel (EvKB) und diesjähriger Kongressleiter, erwartet weit über tausend Teilnehmende.

Es ist unglaublich – Menschen, deren Beruf es ist zu helfen, werden beschimpft, angepöbelt oder geschlagen, manchmal dem puren Hass ausgesetzt. Der jüngste unrühmliche Höhepunkt war die Silvesternacht ins Jahr 2023. Sie war der Auslöser für eine aktuelle Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags Nordrhein-Westfalen unter dem Titel: Respekt für unser Gesundheitspersonal sicherstellen.

„Diese Diskussion rückt ins Blickfeld, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen mehr denn je mit Konflikten konfrontiert sind. Zahlreiche Krankenhäuser in NRW haben schon auf eigene Initiative Präventions- und Nachsorgeangebote erstellt, aber wir brauchen eine breite Unterstützung“, erklärte Dr. Matthias Ernst, Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) und Geschäftsführer im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) im Ausschuss. Die uneingeschränkte Zustimmung von Regierung und Opposition im Landtag NRW scheint sicher zu sein. Jetzt geht es an die Detailarbeit, wie niedrigschwellig Maßnahmen umgesetzt und vor allem finanziert werden können.

„Wir sind als Fachgesellschaft schon einen Schritt weiter, denn wir arbeiten seit einiger Zeit an Leitlinien für die Notaufnahmen“, erläutert Dr. Hans-Werner Kottkamp, der seit mehr als drei Jahren Leiter der „AG Gewaltfrei“ in der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfallmedizin (DGINA) ist. Diese ist eine der größten Fachgesellschaften für Notfallmedizin. Als Handlungsgrundlage für die Leitlinien dient eine aussagekräftige Datensammlung, die durch eine Online-Befragung bundesweit erstellt wurde und laufend aktualisiert wird. Die Ergebnisse sind selbsterklärend. In 97 Prozent der Notaufnahmen in Deutschland gibt es verbale Gewalterfahrungen, mit körperlicher Gewalt sehen sich 88 Prozent konfrontiert. Es besteht also massiver Handlungsbedarf.

„Konkret dokumentieren wir in unseren Notaufnahmen die Zwischenfälle in Gewalterfassungsbögen, sensibilisieren durch Aufklärung und Plakataktionen alle, die sich im Krankenhaus aufhalten, bieten Deeskalationstrainings und Schulungen an, arbeiten eng mit der Berufsgenossenschaft zusammen, um zeitnah Beratungsangebote für Mitarbeitende in einer Traumaambulanz vermitteln zu können und bereiten aktuell ein Notrufsystem für die Nachtzeiten vor. Wir konnten im EvKB etliches relativ problemlos umsetzen, weil wir von den Strategien und Studien der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie im EvKB profitiert haben“, so Dr. Kottkamp, der mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Berufsgruppen daran arbeitet, die Situation für das Gesundheitspersonal zu verbessern.

Die Erfahrungen und unterschiedlichen Maßnahmen aus den verschiedenen Krankenhäusern werden ein Hauptthema des Fachkongresses der DGINA im Mai 2023 in Bielefeld sein. Und da die Kongressleitung Dr. Hans-Werner Kottkamp gemeinsam mit Prof. Dr. Philipp Kümpers vom Universitätsklinikum Münster und Dr. Wilfried Schnieder vom Klinikum Herford weit über tausend Teilnehmende erwartet, werden viele Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Bildunterschrift

  • Macht Übergriffe in Notaufnahmen zum Hauptthema beim diesjährigen DGINA-Kongress: Dr. Hans-Werner Kottkamp, Chefarzt der Zentralen Notaufnahmen im EvKB
    Foto: Susanne Freitag