Pressemitteilung

Landtagsabgeordneter Tom Brüntrup besuchte Bethel-Werkstätten

Kämpfe nicht auf dem Rücken der Beschäftigten austragen

Bielefeld-Bethel. Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) geraten zunehmend in Finanzierungsnot. Tom Brüntrup, Mitglied des Landtages (CDU), besuchte Mitte April den Stiftungsbereich proWerk, um sich ein Bild von der Situation in Bethel zu machen. Er tauschte sich mit dem Bethel-Vorstand, der proWerk-Geschäftsführung, der 1. Vorsitzenden des Werkstattrates sowie einer Vertreterin der Frauenbeauftragten aus. Christoph Nolting, der im Vorstand für die Finanzen verantwortlich ist, machte deutlich, dass sich die allgemeine Wirtschaftskrise auch auf proWerk auswirke. Die Entgelte für die Beschäftigten werden aus wirtschaftlichen Erträgen finanziert. „Eigentlich müssten wir die Entgelte grundsätzlich anpassen“, erklärte proWerk-Geschäftsführerin Michaela Diesen. Viele andere Träger hätten diesen Schritt bereits gemacht. „Deshalb: Wir brauchen dringend eine Werkstattreform“, forderte sie. Tom Brüntrup sicherte zu, dass er sich für politische Lösungen stark machen wolle. „Es kann nicht sein, dass die leistungsbezogene Vergütung wegfällt und die Finanzierungskämpfe auf dem Rücken der Menschen mit Behinderungen ausgetragen werden“, unterstrich er. 

Der Landtagsabgeordnete und Bielefelder Ratsherr bekam bei seiner Hospitation Einblicke in verschiedene Tätigkeitsfelder und Gelegenheit, mit Beschäftigten zu sprechen. Auf dem Programm stand zudem der Besuch einer Abteilung, in der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf beschäftigt sind. Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, in dem der Zugang zu Werkstattarbeitsplätzen auch Menschen mit schweren Behinderungen offensteht. Der sogenannte „NRW-Weg“ ermöglicht ihnen Teilhabe am Arbeitsleben. 

Die momentan stagnierende Werkstattreform sorgte ebenfalls für Gesprächsbedarf. Mit dem Aus der Ampel-Koalition kam auch der Aktionsplan, den das bisherige Bundesministerium für Soziales und Arbeit in engem Dialog mit dem Werkstatträte Deutschland e. V. erarbeitet hatte, zum Erliegen. Förderung der Übergänge auf den ersten Arbeitsmarkt, Einkommenssteigerungen für Beschäftigte und Verbesserung der Qualität der beruflichen Bildung waren zentrale Themen. „Wie geht es damit weiter? Hat die Werkstattreform überhaupt noch eine Chance?“, fragte Michaela Diesen. „Das Konzeptpapier wird nicht verschwinden“, versicherte Tom Brüntrup. Allerdings müsse sich die neue Regierung erst bilden und die neuen Ministerien ihre Arbeit aufnehmen. 

Auch um die Kritik an WfbM im Allgemeinen und die Forderung nach ihrer Abschaffung ging es in der Gesprächsrunde. „Ziel ist der erste Arbeitsmarkt, darin sind wir uns einig, aber das kann nicht im Umkehrschluss bedeuten, dass die Werkstätten geschlossen werden“, betonte proWerk-Geschäftsführer Wolfgang Ludwig. Nur etwa 20 bis 25 Prozent der Menschen mit Behinderungen könnten tatsächlich den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Gerade für Menschen mit psychischen Erkrankungen sei häufig der Druck zu groß. „Mir gefällt an den einseitigen Diskussionen über Werkstätten nicht, dass oft das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen außer Acht gelassen wird“, ergänzte Michaela Diesen. „Die Debatten werden viel zu schwarz-weiß geführt. Dahinter steckt oft ein zu idealistischer Ansatz“, schloss sich der Landtagsabgeordnete an. 

Stiftungsbereich proWerk:
Der Betheler Stiftungsbereich proWerk bietet Menschen mit Behinderungen eine Vielfalt an Beschäftigungsmöglichkeiten an 35 Standorten. Dazu gehören rund 2.000 Arbeitsplätze sowie 280 betriebsintegrierte Arbeitsplätze; bei diesen erbringen die Beschäftigten ihre Leistungen bei einem Arbeitgeber auf dem ersten Arbeitsmarkt außerhalb einer Werkstatt, bleiben aber proWerk-Beschäftigte. 

 

Bildtext:

  • Über die Herausforderungen für WfbM sprach Tom Brüntrup (v. l.) mit Sarah Baum, 1. Vorsitzende des proWerk-Gesamtwerkstattrates, der proWerk-Geschäftsführung Wolfgang Ludwig, Michaela Diesen und Rüdiger Paus-Burkard, der proWerk-Frauenbeauftragten Susanna Rodriguez Pietzsch, Tobias Keuntje als Vertrauensperson vom proWerk-Gesamtwerkstattrat und Bethels Vorstandsmitglied Christoph Nolting. 
    Foto: Matthias Cremer