Haben Betheler Ärzte Patienten zwangssterilisiert?

In den anstaltseigenen Krankenhäusern haben Betheler Ärzte über 1665 Frauen und Männer zwangssterilisiert (Stand 2023).
Bereits in den zwanziger Jahren bestand auf internationaler Ebene die Ansicht, dass die Fortpflanzung von Menschen mit vermeintlich ‚minderwertigem‘ Erbgut einzuschränken sei. Am 1. Januar 1934 trat im nationalsozialistischen Deutschland das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. Pflegepersonal oder Ärzte sollten potentiell Betroffene per Antrag beim Gesundheitsamt anzeigen. Über die Anträge auf Unfruchtbarmachung entschieden dann Erbgesundheitsgerichte. Lag ein rechtsgültiger Sterilisierungsbeschluss vor, musste der Eingriff vorgenommen werden – bei Weigerung auch unter Anwendung von physischem Zwang.
Seit Ende der 1990er Jahren forschen Historiker und Historikerinnen zu den Zwangssterilisierungen in Bethel. Friedrich von Bodelschwingh d.J. befürwortete die Eugenik und Rassenhygiene, lediglich der Zwangscharakter des Gesetzes stieß bei ihm zunächst auf leise Bedenken. Die leitenden Ärzte begrüßten nahezu einhellig das Gesetz und beteiligten sich schnell an dessen Umsetzung. Bethel erwarb die Genehmigung in den eigenen Krankenhäusern Gilead, Nebo und Dothan Sterilisationen durchzuführen, auch an Bürgerinnen und Bürgern aus dem Bielefelder Umkreis.
Die Operationsbücher der Krankenhäuser wurden in den letzten Jahren wissenschaftlich ausgewertet. Die Diagnosen lauteten vor allem Epilepsie, „Schwachsinn“ und Schizophrenie. In 13 Fällen (Stand: 2023) war die Sterilisation einer Frau mit einem Schwangerschaftsabbruch verbunden. Sechs Menschen (Stand: 2023) starben im Zusammenhang mit der Zwangssterilisation.