Bethel - „Flippen Sie nicht aus, wenn wir über Rassismus reden!“

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„Flippen Sie nicht aus, wenn wir über Rassismus reden!“

Prof. Dr. Karim Fereidooni referierte zum Thema Alltags-Rassismus

Diakon Thomas Roth, Pastorin Andrea Wagner-Pinggéra, Prof. Dr. Karim Fereidooni, Dr. Andreas Herrmann, Dr. Simon Stark und Aline Hohbein schauen  in die Kamera
Freuten sich über die große Teilnehmerzahl: (v.l.) Diakon Thomas Roth, Pastorin Andrea Wagner-Pinggéra, Prof. Dr. Karim Fereidooni, Dr. Andreas Herrmann, Dr. Simon Stark und Aline Hohbein. Fotos: Christian Weische

„Vielfalt gestalten – Wege eines respektvollen Miteinanders“ lautete der Titel des diesjährigen Bildungsforums Bethel. Pastorin Andrea Wagner-Pinggéra aus dem Bethel-Vorstand hatte zu der internen Fachtagung eingeladen und begrüßte Anfang November mehr als 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Neuen Schmiede. „So eine hohe Anmeldezahl hatten wir noch nie. Das zeigt, wie groß das Interesse an dem Thema ist“, sagte Aline Hohbein, die gemeinsam mit Diakon Thomas Roth von der Stabsstelle Diakonische Identität & Bildung durch das Programm führte. Leitende und Mitarbeitende aller Personal- und Bildungsbereiche aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin und Brandenburg waren nach Bielefeld-Bethel gekommen.

 

Rassismus sei eine gesamtgesellschaftliche Tatsache und kein „Problem“ bestimmter Schichten, stellte Prof. Dr. Karim Fereidooni von der Ruhr-Universität Bochum in seinem Vortrag zum Thema Alltags-Rassismus klar. Wer vom „alten weißen Mann“ spreche, vertiefe nur die Gräben, so der Experte, der bereits Bundesministerien sowie Institutionen, wie Schulen und Polizeibehörden, bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus beriet. „Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum Verantwortung zu übernehmen und nicht neutral zu sein.“ 

 

Ein erster Schritt sei die eigene Biografie-Arbeit: Was hat Rassismus mir beigebracht, obwohl ich nicht rassistisch sein möchte? „Flippen Sie nicht aus, wenn wir über Rassismus reden!“, lautete seine Bitte. Viele Menschen hätten nicht die Wahl, sich mit Rassismus auseinander zu setzen oder nicht, gab er zu Bedenken. Sie erlebten ihn auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und sogar im Gesundheitssystem. Alle Mitarbeitende seien verantwortlich, eine rassismus-sensible Institution zu schaffen. Als institutionelle Maßnahmen schlug er die Schaffung einer Antidiskriminierungsstelle, die deutliche Positionierung auf Leitungsebenen und die Entwicklung eines Verhaltenskodex vor. 

Es wird vorgetragen

Handlungsempfehlungen und eine klare Haltung waren ebenso Forderungen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den vertiefenden Workshops beim Bildungsforum Bethel erarbeiteten. Die Themen dieser Arbeitsgruppen reichten von Rassismus im Alltag und in der Pflege, über Extremismus und Rechtspopulismus bis hin zu Kultursensibilität in der Bildungs- und Personalarbeit. Um religiöse Vielfalt aus theologischer Sicht ging es in dem Vortrag von Oberkirchenrat Dr. Andreas Herrmann. Er empfahl, Menschen anderen Glaubens bei aller Verschiedenheit als Bereicherung zu sehen. „Das können wir schaffen, indem wir lernen, einander zuzuhören.“ 

 

„Zuhören, auch da, wo Menschen anders denken“, unterstrich ebenfalls Dr. Simon Stark, der im Vorstand für den Bereich Personal verantwortlich ist. Dazu gehöre vor allem Resilienz, andere Weltbilder und Meinungen auszuhalten. „Bethel ist längst vielfältig – ob kulturell, religiös oder politisch“, sagte Pastorin Andrea Wagner-Pinggéra. „Wir sollten das als eine Chance sehen, nicht als Problem.“