Gereon Klein hat schon ein paar Minuten über seine fast 20 Jahre währende Partnerschaft mit Marie-Luise Gerhold gesprochen, als ihm die Angelegenheit zu harmonisch zu werden droht. „Nee, nee, Moment“, ruft er durch das Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung, „wir beide haben manchmal auch ordentlich Stress miteinander.“ Bloß nicht alles nur romantisch darstellen, bitte nichts verklären und verkitschen. Streit gibt es ja außerdem fast überall mal.
Das soll ja auch nicht unterschlagen werden. Gereon Klein ist beispielsweise manchmal genervt, wenn er sich mehrfach wiederholen muss, weil seine Partnerin nicht mehr gut hört. Dann entstehen gelegentlich Missverständnisse, und die erzeugen weitere Konflikte. Ungewöhnlich ist das aber nicht, Zwistigkeiten gehören schließlich in den meisten Ehen und Partnerschaften zum Alltag. Viel interessanter ist doch, wie sich Gereon Klein und Marie-Luise Gerhold trotz ihrer Differenzen und vor allem trotz der Beeinträchtigungen, mit denen sie leben, gegenseitig unterstützen.
Deutlich wird das beispielsweise an ihren Antworten auf die Frage, wer von ihnen wen führt, wenn sie ihre Wohnung in Bielefeld-Gadderbaum verlassen. „Du führst mich“, sagt sie. Logisch: Marie-Luise Gerhold ist nahezu blind. „Ja, aber manchmal führst du auch mich“, entgegnet er. Klar: Gereon Klein hat Epilepsie, außerdem kann er seinen linken Arm nur sehr eingeschränkt benutzen. Er führt also sie, aber gleichzeitig führt sie auch ihn. Gemeinsam geht’s.