Patrick Keim lächelt in die Kamera. Im Hintergrund sind Regale mit Keramik-Produkten

Menschennah | Geschichten aus Bethel

Patrick Keim hat den Dreh raus

Tonverschmierte Hände, staubige Latzhose, Schweißperlen auf der Stirn – Patrick Keims Arbeit ist offensichtlich anstrengend und nicht gerade sauber. "Dafür ist sie aber kreativ, abwechslungsreich und macht viel Spaß", hält der Beschäftigte der Keramikwerkstatt Bethel in Bielefeld lächelnd einem ersten Eindruck entgegen.

Patrick Keim sitzt vor einer surrenden Drehscheibe. Mit seinen Händen bearbeitet er gefühlvoll eine rotierende Tonmasse. Der Ein-Kilo-Klumpen nimmt Gestalt an und wird schnell als Hundenapf erkennbar. Jeden Tag formt der epilepsiekranke Mann auf diese Weise die unterschiedlichsten Gefäße, vor allem Tassen, Becher, Vasen und Schalen. Der Gedanke, dass viele Kundinnen und Kunden die Keramikprodukte kaufen, an denen er mitgewirkt hat, gefällt ihm.

Patrick Keim formt mit den Händen einen Krug
»Das ruhige Umfeld, die netten Kollegen, einfach die ganze Atmosphäre hier passen sehr gut zu mir.«
Patrick Keim

Konzentriert blickt Patrick Keim durch rahmenlose Brillengläser auf seine Hände – und wird selbst beobachtet von den Filmstars Bud Spencer und Terence Hill, die ihn von einem Filmplakat aus angrinsen. Wenige Meter von Patrick Keim entfernt arbeiten zwei andere Beschäftigte im Glasurbereich. Dieser ist nur durch ein Regal und eine Erhöhung vom Drehbereich abgetrennt. "Das ruhige Umfeld, die netten Kollegen, einfach die ganze Atmosphäre hier passen sehr gut zu mir", sagt der 41-Jährige.

Seit 2007 arbeitet Patrick Keim Vollzeit in der Keramikwerkstatt im Herzen der Ortschaft Bethel. Wichtig sei ihm, dass es keinen Leistungs- und Zeitdruck gebe – und das sei der Fall. Vorher war er in der Kabelkonfektion in einer Betheler Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Bielefeld-Stieghorst tätig. "Da hatte ich auch keinen Druck, aber es war mir zu monoton und wuselig", erklärt er seinen Wechsel.

Ursprünglich ist Patrick Keim gelernter Landschaftsgärtner. Seine Ausbildung hat er wegen seiner Epilepsie im Berufsbildungswerk Bethel absolviert. Die körperliche Belastung in dem Beruf war aber zu groß. "Besonders bei großer Hitze, wenn die Sonne so richtig brutzelt, bin ich umgekippt«, erinnert er sich. Seine Anfälle kündigten sich nicht immer an, sagt Patrick Keim. Sie träfen ihn oft unvermittelt, erklärt er und zückt sein Smartphone. »Ich dokumentiere meine Anfälle penibel in einem Anfallskalender", betont er und zeigt eine detaillierte Tabelle.

Patrick Keim achtet auf seine Gesundheit. Darum wechselt er regelmäßig von der Hundenapf-Fertigung zum Hantel-Training. »Heute Nachmittag gehe ich nach Feierabend direkt ins Fitnessstudio, wobei das eher ein Fitnessraum ist – im Haus Adullam hier in Bethel.« Dort fühle er sich besonders sicher, da immer ein Bethel-Mitarbeiter vor Ort sei. Das gebe ihm Sicherheit, falls er mal einen Anfall bekomme. Zweimal in der Woche nutzt Patrick Keim die Fitnessgeräte. »In der Keramikwerkstatt sitze ich ja fast den ganzen Tag gebeugt an meiner Drehscheibe. Darum muss ich vor allem die Bauchmuskeln stärken, um den Rücken zu entlasten«, erklärt er und ergänzt augenzwinkernd: "Ich übertreibe es aber nicht mit dem Sport. Ich muss kein Model mit Sixpack werden."

Text: Gunnar Kreutner | Bild: Matthias Cremer

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Patrick Keim arbeitet in der Keramikwerkstatt Bethel in Bielefeld. Dort stellt er Tassen, Becher, Vasen und Schalen her. Dass er an Epilepsie erkrankt ist, ist hier kein Problem. Ihm gefällt die kreative Arbeit. Und der Gedanke, dass viele Kundinnen und Kunden die Produkte kaufen, die er hergestellt hat.

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Keramikwerkstatt Bethel
Grete-Reich-Weg 10
33617 Bielefeld                                        

0521 144-1592

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