Anne-Kathrin Schmidt sitze vor Bethels Hospiz Haus Zuversicht

Menschennah | Geschichten aus Bethel

Sie ist für Sterbende da

Der ältere Mann liegt im Bett und zittert, es geht ihm nicht gut. Doch als Anne-Kathrin Schmidt sich zu ihm setzt, seine Hände hält und eine Melodie summt, beruhigt er sich. „Es ist magisch, zu erleben, wie es Menschen guttut und berührt, wenn man sich ihnen zuwendet“, sagt sie. Anne-Kathrin Schmidt hat ein besonderes Ehrenamt. Sie ist Sterbebegleiterin im Bielefelder Hospizverein „Hospiz e.V., Bethel“. Sie begleitet Menschen mit lebensverkürzenden Erkrankungen unter anderem im stationären Betheler Hospiz Haus Zuversicht und in den Häusern des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB). 

Als Anne-Kathrin Schmidt 2018 einen geliebten Menschen verlor, empfahl ihr eine Freundin die Trauergruppe des „Hospiz e.V., Bethel“. „Meine Trauer war für mich belastend“, erinnert sie sich, „aber es hat mir sofort geholfen, zu erleben, dass es andere Trauernde gibt.“ Ein Jahr lang besuchte sie die monatlichen Treffen. „Ich habe mich aufgehoben gefühlt, nicht mehr so allein“, sagt sie. „Und ich habe gemerkt: Ich gehe danach zufriedener nach Hause.“ Obwohl die Trauer in der Gruppe viel Raum einnehme, sei die Grundstimmung lebensbejahend und fröhlich. Manchmal sogar lustig. 

»Ich habe gemerkt, dass ich gut mit Menschen umgehen kann. Schauen, was sie brauchen. Ruhe reinbringen. Da sein, die Hand halten, summen oder singen.«
Anne-Kathrin Schmidt

Das hat Anne-Kathrin Schmidt beeindruckt. So sehr, dass sie mit dem Gedanken spielte, sich selbst in der Hospizarbeit zu engagieren. „Ich wollte etwas Sinnvolles tun und einen Ausgleich zum Beruf haben“, erläutert sie. Die 34-Jährige arbeitet als Projektmanagerin im Controlling eines Unternehmens. Für ihre ehrenamtliche Hospizarbeit absolvierte sie eine 100-stündige Schulung zur Sterbebegleiterin.

Darin erwarb Anne-Kathrin Schmidt medizinisches Grundwissen, zum Beispiel über die Wirkung von Schmerzmitteln. Sie lernte, wie man Menschen mit Berührungen und Atemtechniken beruhigt, und wie wichtig es ist, sich der eigenen Kraftquellen bewusst zu sein, um in der Zuwendung zu anderen nicht auszubrennen. „Vor allem aber“, sagt sie, „habe ich eine Haltung gelernt: Was will und braucht mein Gegenüber?“ Das anschließende 25-Stunden-Praktikum im Haus Gilead I des EvKB bestärkte sie: „Ich habe gemerkt, dass ich gut mit Menschen in herausfordernden Situationen umgehen kann. Schauen, was sie brauchen. Ruhe reinbringen. Da sein, die Hand halten, summen oder singen.“

Inzwischen ist Anne-Kathrin Schmidt drei Stunden pro Woche ehrenamtlich als Sterbebegleiterin tätig. Außerdem unterstützt sie die Öffentlichkeitsarbeit des Hospizvereins, bietet einmal im Monat mit anderen Ehrenamtlichen einen Spaziergang für Trauernde an und gibt als Yogalehrerin ebenfalls einmal im Monat einen Yogakursus im Haus Zuversicht, in dem der „Hospiz e.V., Bethel“ seine Räume hat. „Der Yogakursus ist auch ein Angebot für diejenigen, die nicht über ihre Trauer sprechen möchten, sich aber Zeit für sich nehmen möchten“, sagt sie.

Der häufige Umgang mit dem Tod fällt ihr leichter, als sie anfangs dachte. „Ich bin einfühlsam, aber die Menschen, die ich begleite, sind nicht meine Angehörigen“, stellt sie klar. Trotzdem ist sie manchmal betroffen. So wie nach dem Tod einer älteren Dame, deren Familie weit entfernt von Bielefeld lebt. Nach ihren Besuchen bei der einsamen Frau hielt sie deren Neffen auf dem Laufenden. „Als sie starb, hat mich das berührt“, sagt Anne-Kathrin Schmidt, „aber gleichzeitig habe ich stark gespürt, wie sinnvoll das ist, was ich tue.“

Text: Philipp Kreutzer | Bild: Matthias Cremer

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Anne-Kathrin Schmidt ist für sterbende Menschen da. Sie setzt sich zu ihnen und hält ihre Hand. Anne-Kathrin Schmidt macht das ehrenamtlich. Das bedeutet: Sie erhält dafür kein Geld. Anne-Kathrin Schmidt ist traurig, wenn ein Mensch stirbt. Aber sie macht ihr Ehrenamt gern. Anderen Menschen zu helfen ist nämlich wichtig. Und es tut ihr selbst gut.

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Kontakt

Hospiz e.V., Bethel
Ambulanter Hospizdienst in Bielefeld
Quellenhofweg 90
33617 Bielefeld

0521 144-3936
info(at)hospiz-ev-bethel.de

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Angebote & Leistungen

Menschen auf dem letzten Weg ihres Lebens bis zum Tod zu begleiten: Das ist das Hauptanliegen des Hospiz e.V., Bethel, der 1993 von einer Gruppe engagierter Menschen in Bethel gegründet wurde. Die Mitglieder betreuen sterbende Menschen, deren Familien und Freunde in Bielefeld – zu Hause, im Alten- und Pflegeheim, Krankenhaus oder Stationären Hospiz. Ferner gibt es den Kinderhospizdienst und die Begleitung durch Ehrenamtliche im Stationären Kinderhospiz.

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