Menschennah | Geschichten aus Bethel

Tag der Organspende: „Viele Menschen sollten sich mit der Frage beschäftigen“

Am 4. Juni ist Tag der Organspende. Über 80 Prozent der erwachsenen Bevölkerung befürworten die Organspende, aber nur ein kleiner Teil hat tatsächlich einen Organspendeausweis in der Tasche. "Möglichst viele Menschen sollten sich mit der Frage der Organspende beschäftigen", wünscht sich Dr. Friedhelm Bach, Transplantationsbeauftragter des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB). "Und sich dafür oder auch dagegen entscheiden, aber sich festlegen und so von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen." Vor allem wäre eine dokumentierte Entscheidung segensreich für die hinterbliebenen Angehörigen, die derzeit sehr oft in einer emotionalen Ausnahmesituation eine weitreichende Entscheidung treffen sollen, häufig ohne Kenntnis des Willens ihres Angehörigen, weiß Dr. Bach aus seinem Berufsalltag.

Am 1. März 2022 trat die Gesetzesänderung zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende in Kraft, die das Transplantationsgesetz änderte. Die Regelung der Entscheidungslösung blieb davon unberührt. Das heißt: Eine Organ- und Gewebeentnahme darf in Deutschland weiterhin nur nach vorheriger Zustimmung der verstorbenen Person oder ihrer Angehörigen erfolgen. Die Änderung des Gesetzes ergänzt die vorherige Rechtslage und soll dazu beitragen, den Patientenwillen umzusetzen. Es ist beispielsweise ein Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende (Organspende-Register) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geplant.

Lange Warteliste

In Deutschland stehen derzeit etwa 8.000 kranke Menschen auf der Warteliste. "Zwischen Spenden und dem tatsächlichen Bedarf klafft eine riesengroße Lücke«, bedauert Dr. Bach. »Für viele schwerkranke Patienten ist die Organtransplantation die einzige Überlebenschance", betont der Mediziner, der seit 2000 im EvKB leitend tätig ist. Seit dem Frühjahr 2019 müssen hierzulande nach einer gesetzlichen Neuordnung alle größeren Kliniken, die eine Intensivmedizin haben, über einen hauptamtlichen Transplantationsbeauftragten verfügen.

»80 bis 90 Prozent der transplantierten Patienten können danach wieder ein weitgehend normales Leben führen«
Dr. Friedhelm Bach | Transplantationsbeauftragter

Die Transplantationsbeauftragten, die über die Deutsche Stiftung Organtransplantation finanziert werden, informieren in den Kliniken und in der Öffentlichkeit über Organspende. Sie sind für Mitarbeitende und für Angehörige ansprechbar und begegnen Vorurteilen und Ängsten, die eine Diskussion zur Organentnahme oft begleiten. "Für mich ist es ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass es in der Patientenversorgung immer zuerst und vor allem um die Therapie geht", betont der Anästhesiologe und Intensivmediziner Dr. Bach. Nur wenn keine Therapieziele mehr erreicht werden könnten, wenn alles ausgeschöpft sei, stelle sich überhaupt erst die Frage der Hirntoddiagnostik bei Patienten mit schwerster akuter neurologischer Schädigung. Im Jahr 2020 gab es zehn und 2021 elf Fälle von Organentnahmen im EvKB, 2022 bisher sieben.

Oft kein Thema

Dr. Friedhelm Bach wünscht sich, dass das Thema Organspende selbstverständlicher wird und mehr Unterstützung von allen Seiten erfährt. Gerade bei jüngeren Menschen sei Organspende leider oft gar kein Thema. "In den Familien, in der Schule, am Arbeitsplatz oder zwischen Hausarzt und Patient sollte darüber normal gesprochen werden, und dabei würde natürlich die seriöse Information helfen." Das ist auch Ziel der Gesetzesänderung. Die Bürgerinnen und Bürger sollen regelmäßiger mittels verlässlicher Informationen, zum Beispiel durch die Hausärztinnen und Hausärzte, aufgeklärt werden.

Und welche Menschen kommen für eine Organspende, also eine Organentnahme in Frage? "Früher wurden immer verunglückte Motorradfahrer genannt, jüngere, bis zum tödlichen Unfall gesunde Menschen", sagt Dr. Friedhelm Bach, der selbst leidenschaftlicher Motorradfahrer ist. Das habe sich inzwischen deutlich verändert. In der Mehrzahl seien Organspender heute eher ältere Menschen, durchaus häufig auch über 60 Jahre alt. Hirnblutungs-, Herzinfarkt- oder Schlaganfallopfer nennt der Betheler Facharzt als die größte Gruppe.

 

Weitere Informationen: www.organspende-info.de

Diese Geschichte einfach gesprochen

Am 4. Juni ist Tag der Organspende. Jeder Mensch kann selbst entscheiden, ob er nach seinem Tod seine Organe spenden möchte. Es ist auch wichtig, dass man mit seinen Angehörigen darüber spricht. Und die Angehörigen wissen, ob man Organe spenden möchte. Dr. Friedhelm Bach kümmert sich im Evangelischen Klinikum Bethel um Transplantationen.

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