„Ja!“, ruft Werner Meier und hält einer Ziege einen Napf voller Apfelschnitze vor das Maul. Das Tier lässt sich nicht lange bitten: Seine Zunge schnellt hervor und manövriert zwei kleingeschnittene Stücke zwischen die Zähne. Die Ziege kaut, Werner Meier sagt: „Schön!“ Ansonsten spricht er während des Fütterns kaum. Das ist ungewöhnlich. Der 77-Jährige, der aufgrund einer geistigen Behinderung mit beginnender Demenz im Betheler Haus Von-der-Tann-Straße in Dortmund lebt, redet und ruft manchmal fast pausenlos. Doch auf dem Wattenscheider Gnadenhof sitzt Werner Meier jetzt einfach nur auf einer Holzbank, legt seine rechte Hand in den Nacken der Ziege und lächelt.
Zufriedenheit, innere Ruhe und Harmonie zu spüren: Darum geht es bei den regelmäßigen Besuchen beeinträchtigter Menschen auf dem Gnadenhof. Und das funktioniert. Für Werner Meier genauso wie für Gerda Blumenröther, Martina Richter und Nele Bach, die wie er in der Betheler Einrichtung leben und ebenfalls auf das Gelände im Bochumer Stadtteil zwischen einer Wohnsiedlung und der Autobahn 40 gekommen sind. Wie es funktioniert? Jennifer Krämer, die im Haus Von-der-Tann-Straße als Heilerziehungspflegerin in den Tagesgestaltenden Angeboten tätig ist und die Klientinnen und Klienten mit ihrer Kollegin Julia Niemeier hergefahren hat, erklärt es so: „Beide Seiten, die Menschen wie die Tiere, können so sein, wie sie sind. Man muss hier gar nichts machen, sondern einfach nur zulassen.“