Zwei Frauen und ihre Kinder lachen gemeinsam.

Menschennah | Geschichten aus Bethel

Auf der Flucht und schwanger – mit 17

Zuhause ist da, wo man sich wohlfühlt. So empfindet es auch Fayola Dossou* – und zwar an gleich zwei Orten: in der Wohnung, in der sie jetzt mit ihrem Mann und den drei Kindern lebt, und im Alice-Salomon-Haus (ASH) in Bielefeld-Bethel. Dort erfuhr sie nach einer gefährlichen Flucht aus ihrem Heimatland Benin Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit; dort brachte sie mit 17 ihr erstes Kind zur Welt. Und dort lernte die heute 24-Jährige, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. 

Über die Gründe, weshalb sie Benin verließ, über das, was ihr in jungen Jahren widerfuhr, möchte Fayola Dossou nicht sprechen. Klar ist aber: Nach Zuhause fühlte sich ihre Heimat für sie nicht mehr an. Flucht war für die damals 17-Jährige die einzige Option – aller Gefahren und Ungewissheiten zum Trotz. In einem mit Menschen überfüllten Boot gelangte sie von Afrika über das Mittelmeer nach Europa; auf einer Zwischenstation in Italien lernte sie ihren ebenfalls geflüchteten heutigen Mann kennen. Und wurde schwanger, obwohl sie selbst fast noch ein Kind war.

Der Zufall führte Fayola Dossou und ihren Mann nach Bielefeld. Dort wurde sie bald an das ASH vermittelt. „Junges Alter, Flucht und Schwangerschaft, neue Sprache, Kultur und Umgebung, dazu der Kampf um Asyl – bei Frau Dossou war und ist es ein Riesenpaket“, berichtet ASH-Leiterin Ursula Stegmann von einem Mädchen, das bei der Aufnahme im August 2016 kaum hilfebedürftiger hätte sein können. „Als ich nach Bielefeld kam, wusste ich nichts“, bestätigt Fayola Dossou, „ich hatte keine Ahnung, wie ich mit einem Kind zurechtkommen und mit ihm leben soll.“

Das Alice-Salomon-Haus bietet Betreutes Wohnen für schwangere Frauen und alleinerziehende Mütter und Väter – gleich welcher Herkunft – ab 16 Jahren mit ihren Kindern unter 6 Jahren. Es stehen insgesamt 22 Plätze zur Verfügung. Die oft sehr jungen Menschen sind aufgrund ihrer persönlichen, familiären, emotionalen oder sozialen Situation noch nicht in der Lage, ein eigenverantwortliches Leben mit ihrem Nachwuchs zu führen.

Die ASH-Mitarbeiterinnen halfen Fayola Dossou bei der Pflege, Versorgung und Erziehung ihrer Tochter genauso wie später der beiden weiteren Kinder. Unterstützung erhielt sie auch in ihren Bemühungen um eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland. Inzwischen ist die Familie im Besitz eines so genannten Aufenthaltstitels für drei Jahre. Es gibt offenbar eine realistische Chance, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können, denn eine Rückkehr wäre aus humanitären Gründen unzumutbar.

Nach vier Jahren im ASH verließen Fayola Dossou und ihre Kinder das Haus. „Wir wären gern länger geblieben“, erzählt sie, „denn wir haben uns dort wohl und sicher gefühlt.“ Wie zuhause eben. Möglich war das dank der vielfältigen Hilfeangebote, aber auch, weil Ursula Stegmann und ihr Team für die dort lebenden Menschen immer und für alle Themen ansprechbar sind. „Diese Verlässlichkeit, zuzuhören, zu stützen, einfach da zu sein, ist bedingungslos“, betont Mitarbeiterin Friederike Koll. „Und so“, ergänzt Ursula Stegmann, „kann dann auch Vertrauen zueinander entstehen.“

Inzwischen hat die fünfköpfige Familie den Schritt in die Eigenständigkeit geschafft. Vater, Mutter und Kinder leben gemeinsam in einer Wohnung außerhalb von Bethel. Er hat Arbeit gefunden, sie lernt für einen Realschulabschluss und möchte anschließend in der Kranken- oder Altenpflege tätig werden. Fayola Dossou hatte einen schweren Start ins Leben, sie stand früh vor schwierigsten Herausforderungen. Doch mit ihrer Bereitschaft, die Ärmel hochzukrempeln, und dank der Hilfe aus Bethel verschafft sie ihrer Familie und sich selbst nun eine Perspektive. Eine Perspektive für ein gutes Leben zuhause in Deutschland.

 *Name von der Redaktion geändert

Text: Philipp Kreutzer | Fotos: Sarah Jonek 

Diese Geschichte einfach gesprochen

Fayola Dossou ist aus ihrem Heimatland Benin geflohen. Die Flucht war sehr gefährlich. Im Alice-Salomon-Haus in Bethel erfuhr sie Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit. Hier brachte sie mit 17 ihr erstes Kind zur Welt und lernte, sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern in einer eigenen Wohnung.

Sie möchten mehr erfahren?

Über das Angebot

Alice-Salomon-Haus
Bethesdaweg 8
33617 Bielefeld

Betreutes Wohnen für Mutter und Kind
Tel.: 0521 144-2485

Begleitetes Wohnen für junge Frauen
Tel.: 0521 144-2225

Angebot & Leistungen

Im Alice-Salomon-Haus erhalten junge Frauen und alleinerziehende oder werdende Mütter ab 16 Jahre sozialpädagogische Begleitung und Unterstützung. Die Mitarbeitenden beraten und fördern diese jungen Frauen darin, ihren Alltag zu bewältigen und individuellen Lebensweg zu gestalten. Es wird eine schulische/berufliche Qualifizierung angestrebt und die eigenen Handlungskompetenzen werden erweitert.

Menschennah

Weitere Geschichten aus Bethel

Nathalie Hoppe steht an der Hotel-Rezeption

Themen | Arbeiten in Bethel, Bad Neuenahr-Ahrweiler

Ihr Weg ist eine echte Erfolgsgeschichte

Ihr Weg ist eine echte Erfolgsgeschichte
Wolfgang Starck sitzt an seinem Arbeitsplatz und klebt Etiketten

Themen | Arbeiten in Bethel, Bielefeld

Bloß keine Hektik!

Bloß keine Hektik!

Themen | Behindertenhilfe, Bad Neuenahr-Ahrweiler

Laura wohnt das erste Mal alleine

Laura wohnt das erste Mal alleine

Themen | Behindertenhilfe, Bielefeld

Mit der „Bounty“ zum Doktortitel

Mit der „Bounty“ zum Doktortitel

Themen | Krankenhaus, Epilepsie, Berlin

Nach der Operation endlich anfallsfrei

Nach der Operation endlich anfallsfrei
Heinz und Brigitte Müller sitzen auf ihrem Bett.

Themen | Altenhilfe, Cottbus

Den Müllers geht es schon viel besser

Den Müllers geht es schon viel besser

Pressekontakt

Presse + Kommunikation

Sie suchen Hilfe?

Sie oder eine angehörige Person sind auf Hilfe oder Begleitung angewiesen und suchen Unterstützung?

Sie möchten helfen?

In Bethel gibt es viele Möglichkeiten selber zu helfen. Wir freuen uns über jede Unterstützung!