Bethel - „Jetzt bin ich so, wie ich sein möchte“

Der Regen ist morgens durchgezogen, am Mittag bahnen sich Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Wolken über Gut Dörenhof. Die Chance, die ihm dieser herrliche Herbsttag bietet, hat Ralph Ollig gleich erkannt. Mit der Gartenschere steht er zwischen alten Apfelbäumen und schneidet Äste zurück. Das Gärtnern ist die große Leidenschaft des 63-Jährigen, der seit zehn Jahren in dem Betheler Angebot für suchtkranke Menschen mit psychischen Belastungen in Dörentrup lebt. „Die Gartenarbeit tut mir gut“, sagt er. „Außerdem ist das hier mein Zuhause, und ich möchte, dass es schön ist.“ 

Ralph Ollig arbeitet im Garten

Ein Zuhause, das sich auch so anfühlt, hat Ralph Ollig lange nicht gehabt. Er wächst mit zwölf Geschwistern auf, seine Kindheit ist geprägt von Umzügen, Gewalt des alkoholkranken Vaters und einem rechtsextremen Weltbild. „Ich bin rassistisch erzogen worden“, erzählt er. Geliebt zu werden, das kennt der junge Ralph Ollig nicht. Er nutzt daher jede Gelegenheit, um auf sich aufmerksam zu machen. Rebelliert, missachtet Regeln. Auf Zigaretten und Alkohol folgen Drogen, Medikamentenmissbrauch und Glückspiel. Und eine Messerstecherei. „Aber die vier Wochen Arrest für Körperverletzung haben mich nicht abgeschreckt“, erinnert er sich. Jahrelang begeht er Diebstähle und Einbrüche, um seine Süchte zu finanzieren.

In Summe hat Ralph Ollig beinahe 15 Jahre in Haft verbracht, als er endlich zur Einsicht kommt. „Ich war fast 50 und wollte zum ersten Mal wirklich etwas ändern“, sagt er. Doch von den Süchten loszukommen fällt ihm sehr schwer. Um nach weiteren Straftaten nicht wieder ins Gefängnis gehen zu müssen, erhält Ralph Ollig die gerichtliche Auflage, sich nach einer Einrichtung zur Resozialisierung umzusehen. Er besucht auch Gut Dörenhof. „Ich mag Bauernhöfe“, erzählt er, „und ich wusste, dass ich weg muss von den Verlockungen. Hier ist es sehr ruhig, und das ist gut für mich.“ 

 

Ralph Ollig im Garten

Bevor er im Oktober 2015 ein Zimmer in einer Wohngruppe auf Gut Dörenhof erhält, unterzieht sich Ralph Ollig einer Entgiftung. Ein Jahr will er sich geben, will ausprobieren, ob er dort leben kann. Inzwischen sind zehn Jahre daraus geworden. Zehn abstinente Jahre. Auch die rechtsextreme Einstellung hat er dank seines mittlerweile klaren Kopfes überwunden. Ralph Ollig fühlt sich seit dem ersten Tag von den Menschen auf Gut Dörenhof angenommen, „das familiäre Flair tut mir gut“, weiß er. Und genauso die fast tägliche Tätigkeit. Den gepflegten Garten zu betrachten, das Ergebnis seiner kontinuierlichen Arbeit, verschafft ihm Freude und Bestätigung. 

 

 

Hatte er anfangs Angst vor Kontakten, ist Ralph Ollig mittlerweile ein wertvoller Gesprächspartner für andere Klientinnen und Klienten. „Ich möchte Vorbild und Mentor für andere sein, damit sie nicht denselben Mist erleben wie ich“, betont er. Seit dreieinhalb Jahren hat er eine Partnerin, die wie er auf Gut Dörenhof lebt. „Jetzt bin ich so, wie ich sein möchte“, sagt er.

Ralph Ollig würde gern den nächsten Schritt in eine weniger intensive Betreuungsform gehen. Er hofft, dass auf dem Hof bald wie geplant Apartments mit ambulanter Anbindung entstehen. Dann könnte er auch weiter im Garten arbeiten. Gut Dörenhof zu verlassen ist für ihn jedenfalls keine Option: „Hier habe ich endlich meinen Platz gefunden.“

Text: Philipp Kreutzer | Bild: Matthias Cremer

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Ralph Ollig hat früher Drogen genommen. Er war ein Dieb und Einbrecher. Fast 15 Jahre saß er im Gefängnis. Dann wollte er sein Leben ändern. Ralph Ollig zog auf einen Bauernhof von Bethel: Gut Dörenhof. Dort lebt er auch heute noch. Er arbeitet fast jeden Tag im Garten. Das macht ihm große Freude. Es geht Ralph Ollig viel besser als früher.

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