
Menschennah | Geschichten aus Bethel
Sie rettet Auberginen, Tomaten und Kohl
Es duftet nach frischen Kräutern und reifen Früchten. „Ein Kilo Spargel für 10 Euro!“, preist ein Händler lauthals seine Ware an. In kräftigen Farben strahlen feurigrote Paprika, tieforange Karotten und sattgrüner Salat. Auf dem Wochenmarkt am Hansaplatz in Dortmund herrscht ein reges Treiben – mittendrin ist Lelaina Otto. Sie kauft aber nicht ein – ihre Mission lautet: Lebensmittel retten. Die 25-Jährige, die als Heilerzieherin im Flow-Team von Bethel.regional arbeitet, engagiert sich ehrenamtlich beim Verein „foodsharing“.

Bei ihrem heutigen Rettungseinsatz wird Lelaina Otto von zwei „Foodsaverinnen“ begleitet, die noch nicht lange dabei sind. Die Rollkoffer der drei Frauen klackern auf den Pflastersteinen. In den Trolleys befinden sich diverse Tüten, Taschen, Kühlakkus und Vorratsbehälter. „An den Ständen, an denen viel los ist, gehen wir erst einmal vorbei“, schlägt die erfahrene Lebensmittelretterin vor.
Zielsicher steuert die Bethel-Mitarbeiterin eine Marktbude mit Gemüse an. Kaum hat der Händler sie gesehen, hebt er schon eine vorbereitete Kiste mit Kartoffeln auf den Verkaufstresen. „Foodsharing hat das Ziel, Lebensmittel vor der Tonne zu bewahren“, erklärt Lelaina Otto. Während das Trio die Knollen verstaut, fragt ein Passant den Verkäufer knapp: „Foodsharing?“ Als dieser nickt, signalisiert der ältere Mann sein Lob mit „Daumen hoch“. Das Konzept ist den meisten Leuten auf dem Wochenmarkt schon bekannt, sodass die Ehrenamtlichen sich nur selten vorstellen müssen.
Am Anfang habe es sie Überwindung gekostet, fremde Menschen anzusprechen, gibt die eher introvertierte Dortmunderin zu. „Wenn eine extrovertiertere Person mitkommt, lasse ich ihr auch gerne den Vortritt.“ Bereits seit 2019 übt Lelaina Otto das Ehrenamt aus. Schon in der Pubertät habe sie ein starkes Bewusstsein für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen entwickelt. „Der Film ›Taste the Waste‹ hat mich damals inspiriert, in diesem Bereich aktiv zu werden“, erinnert sie sich. In dem deutschen Dokumentarfilm geht es um die Lebensmittelverschwendung in Industriegesellschaften.
Ihre soziale Ader entdeckte Lelaina Otto früh. Alles begann mit Kinder- und Jugendfreizeiten. Nach der Schule absolvierte sie ein Betheljahr im Intensiv und Ambulant Betreuten Wohnen in Dortmund, dort schloss sie auch eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin an. Dank des flexiblen Arbeitszeitmodells des Flow-Teams kann sie sich ihre Arbeits- und Freizeit gut einteilen, denn die Lebensmittelrettung ist nicht ihr einziges Ehrenamt. Sie engagiert sich außerdem bei der Stadttaubenhilfe Dortmund Lünen e. V. und der Naturfreundejugend NRW.
Am nächsten Stand haben die jungen Frauen wieder Glück: Es erwarten sie schon fertig gepackte Kisten mit Salat, Champignons und Strauchtomaten. „Bei schönem Wetter wie heute dauert die Abholung immer etwas länger, weil viel los ist und wir hier und da warten müssen. Aber dafür lohnt es sich auch, denn Essen, das schneller verdirbt, wird eher abgegeben“, weiß Lelaina Otto. Nach einer knappen Stunde haben die Drei fast alle Stände abgeklappert. Am Schluss ergattern sie noch Waffeln und Blumen.

»Der Film ›Taste the Waste‹ hat mich damals inspiriert, in diesem Bereich aktiv zu werden«
Die Ausbeute von diesem Rettungseinsatz kann sich sehen lassen: Gurken, Salate, Blumenkohl, Pilze, Eier, Waffeln, Kuchen, Möhren und vieles mehr – Waren, die sonst im Müll gelandet wären. „Als außenstehende Person realisiert man das Ausmaß der Verschwendung gar nicht. Erst wenn man direkt davorsteht und die Mengen sieht, wird einem bewusst, wie viel es tatsächlich ist“, betont Lelaina Otto.
Nach dem Marktbesuch teilen die Foodsaverinnen die Lebensmittel unter sich auf, um sie an Familie, Bekannte oder Organisationen weiterzugeben. Meist wird das Essen aber in sogenannten „Fairteilern“ hinterlegt. Das können Fahrradanhänger, Kühlschränke oder Truhen sein, an denen sich jeder bedienen kann. Für den kompletten Rettungseinsatz auf dem Hansamarkt inklusive anschließender Verteilung plant Lelaina Otto etwa zwei Stunden ein – Zeit, die sie gerne für die gute Sache investiert.
Text: Christina Heitkämper | Bild: Christian Weische
Diese Geschichte einfach gesprochen
Lelaina Otto rettet auf dem Wochenmarkt in Dortmund Lebensmittel vor dem Müll. Sie ist ehrenamtlich beim Verein „foodsharing“ aktiv und sammelt übrig gebliebenes Obst und Gemüse. Die geretteten Lebensmittel werden danach an Sammelstellen hinterlegt, an denen sich jeder kostenfrei bedienen kann.
Sie möchten mehr erfahren?
Angebote & Leistungen
Familie, Studium, Hobbys, flexible Arbeitszeiten und fachliche Herausforderungen – all das lässt sich im FlowTeam mühelos miteinander verbinden:
Als pädagogische Fachkraft, Pflegefachkraft oder Pflegehilfskraft unterstützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unsere Teams in der Arbeit mit Kindern und Erwachsenen mit Behinderungen, mit Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen, in der Suchthilfe, der Sozialpsychiatrie oder im Hospiz.
Die Einsatzstellen liegen in Dortmund, Castrop-Rauxel, Oer-Erkenschwick, Hamm oder Unna.
